Nachhaltiger Recyclingbeton durch Biozementierung
Bakterien ermöglichen die Herstellung von Recyclingbeton aus porösem Abbruchmaterial
Forschende der Hochschule München ermöglichen das Recycling von bisher unbrauchbarem, porösem Abbruchmaterial. Dafür setzen sie Bakterien ein, die Kalk abscheiden. Ziel ist die Entwicklung von einfach zu verarbeitenden und ressourceneffizienten Betonen mit 100 Prozent rezyklierter Gesteinskörnung.
In Deutschland fallen laut Umweltbundesamt jährlich mehr als 60 Millionen Tonnen Bauschutt an. Abrissbeton kann relativ einfach wiederverwertet werden. Problematisch sind dagegen Recyclingbrechsande und rezyklierte Gesteinskörnung mit einem hohen Ziegelanteil, die bisher oft nur noch als Verfüllmaterial verwendbar sind oder deponiert werden müssen. HM-Professorin Andrea Kustermann von der Fakultät für Bauingenieurwesen der HM entwickelt im Forschungsprojekt BiCeRcrete mit einem interdisziplinären Team und Praxispartnern Verfahren, um auch den Einsatz von Brechsanden für Recyclingbeton zu ermöglichen.
Bakterien verschließen poröse Oberfläche durch Biozementierung
Rezyklierte Gesteinskörnungen weisen eine hohe Porosität auf, was zu einer gesteigerten Wasseraufnahme führt. Diese muss durch Zugabe von Saugwasser bei der Betonherstellung kompensiert werden. Dadurch kann jedoch die Festigkeit des Recyclingbetons negativ beeinflusst werden. Um die Poren des Recyclingmaterials zu verschließen, nutzen die Forschenden die Fähigkeit von Bakterien der Gattung Sporosarcina pasteurii. Diese werden an der Hochschule München gezüchtet von HM-Professor Robert Huber und seinem Team von der Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen.
Diese Bakterien produzieren in einer harnstoffhaltigen Nährlösung das Enzym Urease, das in Verbindung mit einer beigemengten Calciumquelle Kalk bildet. Bei der sogenannten Biozementierung legt sich dieser Kalk auf die poröse Oberfläche des Recyclingmaterials. Die Wasseraufnahme von Brechsanden kann dadurch deutlich verringert werden.
Neue Perspektiven für den großtechnischen Einsatz
Die positiven Ergebnisse aus Laborversuchen wollen Kustermann und ihre Doktorandin Brigitte Nagy in die bauliche Praxis bringen. „Unser Ansatz ist, dass wir ein Verfahren entwickeln, das großtechnisch anwendbar ist“, so Kustermann. Für einen kontinuierlichen Betrieb testet Brigitte Nagy verschiedene Verfahren, die den wirtschaftlichen Einsatz der Biozementierung in der Praxis ermöglichen können. „Die Optimierung der Behandlungsmethoden für rezyklierte Gesteinskörnungen erfolgt auch im Hinblick auf spätere großtechnische Anwendungen in der Bauschuttaufbereitung“, so Nagy.
In der Praxis angedacht ist das Besprühen des Brechsandes mit der Bakterien- und Zementierlösung auf einem Förderband. In einem anderen Verfahren wird der Brechsand mit der Biozementierlösung beaufschlagt und anschließend die Flüssigkeit mit Unterdruck abgesaugt. Besonders das Absaugverfahren ergab in Versuchen bereits vielversprechende Ergebnisse für die Herstellung von hochwertigem Recyclingmörtel und ‑beton. „Wenn sich unsere Verfahren weiterhin bewähren, dann haben wir die Möglichkeit, den Baustoffkreislauf für diesen Stoffstrom zu schließen. Im Urban Mining ist dann der Ziegelabbruch als neuer Rohstoff zu sehen“, sagt Kustermann zu den Erfolgsaussichten für die bauliche Praxis.
Das Forschungsprojekt BiCeRcrete (Biozementierung, R‑Beton und alternative Bewehrung) ist Teil des Projektverbunds ForCYCLE Technikum, der vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) finanziert und durch das Ressourceneffizienz-Zentrum Bayern (REZ) am Bayerischen Landesamt für Umwelt koordiniert wird.